Kalender

Der Terminkalender ist derzeit nicht erreichbar.

Losung für den 28.03.2024

Kirche zum Hören


Hier den ganzen Audiobeitrag hören:

Service

Kirche in WDR2 | 24.10.2016 | 05:55 Uhr

Erwartungen - stärker als die Realität

Ein junger Mediziner ist verunglückt und liegt in der Klinik. Obwohl er seine Dosis Schmerzmittel erhalten hat, verlangt er nach mehr. Der behandelnde Arzt gibt seinem Drängen nach und verabreicht ihm, wie er sagt, eine Extradosis eines besonders starken Schmerzmittels. Der Patient ist erleichtert. Nach 20 Minuten sind die Schmerzen wie weggeblasen, genau wie er es erwartet hatte. Doch dann, beim Abschied, erfährt er die Wahrheit: Er hatte bloß eine Tablette aus Traubenzucker (ein Placebo) bekommen. Wir wissen es alle und die Forschung hat es längst bewiesen: Die bloße Erwartung, dass ein Medikament wirkt, kann echte Veränderungen im Körper auslösen.

Oder: „Qualität hat ihren Preis!“ Diesen Slogan haben die meisten verinnerlicht. So steigert der teurere Energy-Drink die Konzentrationsfähigkeit scheinbar mehr als der preisgünstige, auch wenn es sich um genau das gleiche Getränk handelt.

Unsere Erwartungen steuern unser Erleben, sie sind sogar stärker als die Wirklichkeit. Das, was wir annehmen, finden wir meistens bestätigt, auch wenn die Fakten dagegen sprechen. Dinge, die unsere Vorannahmen dagegen widerlegen, werden kaum wahrgenommen. Warum benutzen wir die Macht der Erwartungen nicht mal ganz anders? Die Bibel gibt dazu interessante Anregungen. Da gibt es die etwas schräge Geschichte mit dem Feigenbaum …

(Markus 11,12-14 und 20-25).

Jesus ist mit seinen Jüngern auf dem Weg nach Jerusalem als sie an einem Feigenbaum vorbei kommen. Jesus hat Hunger. Aber der Baum trägt keine Früchte. Das ärgert ihn. Er spricht zu dem Baum und macht seinem Ärger Luft. Sie ziehen weiter. Ein paar Tage später auf dem Rückweg kommen sie wieder an dem Baum vorbei. Er ist komplett verdorrt von den Blättern bis zur Wurzel. Petrus, einer seiner Jünger, vermutet, dass Jesus ihn verflucht haben muss. Das glaube ich zwar nicht, aber Jesus nutzt die Gelegenheit, um seinen Freunden etwas Wesentliches zu vermitteln. Seine Lektion mutet allerdings etwas seltsam an. Er erklärte, dass es nicht außergewöhnlich sei, zu Dingen zu sprechen und zu erleben, dass sie tun, was man ihnen sagt. Jesus tat so etwas ständig, er sprach z.B. mit dem Sturm und beruhigte ihn auf offener See mit ein paar Worten oder bedrohte erfolgreich das lebensgefährliche Fieber einer älteren Frau.

Für mich wäre es einfacher, er hätte gesagt: „Tja Jungs, ich weiß, was ihr hier gesehen habt, ist beeindruckend, aber ihr werdet das leider nie hinbekommen! Ich bin schließlich der Sohn Gottes, ein Profi.“ Tatsächlich hat er ganz anders reagiert: Er erklärte, dass sein Umgang mit den Dingen unbedingt zur Nachahmung empfohlen sei. Er forderte seine Jünger sogar auf, Ähnliches zu tun! Die Geschichte endet mit dem Satz: „Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubt nur, dass ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil.“

Ich versuche, die große Macht der Erwartungen auch in meinem Glauben einzusetzen. Glaube versetzt Berge. Der größte Gebetskiller ist die Erwartungslosigkeit. Und auch wenn andere um mich herum behaupten, ich würde im Glauben einem Placebo-Effekt erliegen, auch egal, Hauptsache es hilft!

Kirche in WDR; 24.10.2016; Maike Siebold



© 2022, Evangelische Kirchengemeinde Wald
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung